Solvency II und die Auswirkungen auf Mezzaninkapitalfinanzierungen

Was ist Solvency II?

Solvency II ist eine Richtlinie der Europäischen Union, die die Harmonisierung des Versicherungsaufsichtsrechts zum Ziel hat und diese auch mit den Aufsichtsregeln für Kreditinstitute in Einklang bringen soll. Das Regulativ ist 1. Januar 2016 auch in Österreich in Kraft getreten. Im Mittelpunkt dieses komplexen, weitgehend wettbewerbsneutralen Aufsichtssystems steht die umfassende und realistische Abbildung der Gesamtsolvabilität von Versicherungsunternehmen. Die Bereiche der Solvenzkapitalausstattung, der Geschäftsorganisation und der Publizitätspflichten von Versicherungsunternehmen wurden neu geordnet.

 

Die Ziele von Solvency II

  • Angemessener Schutz der Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten

  • Effiziente Kapitalallokation innerhalb der Europäischen Union

  • Sachgerechte Messung und Handhabung der Risiken von Versicherungsunternehmen


Wen betrifft Solvency II?

Die europäische Richtlinie bezieht sich auf Versicherungsunternehmen und Rückversicherungsunternehmen. Sie löste ihre Vorgängerin Solvency I, ein statisches System zur Bestimmung der Eigenmittelanforderungen, ab. Sie ist nun ein risikobasiertes System und schafft einen sehr umfangreichen Rahmen darüber, woran sich Versicherungsunternehmen in der EU bei ihren Geschäften zu halten haben.

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Kleine Versicherungsunternehmen unter anderem mit Bruttoprämieneinnahmen von unter fünf Millionen Euro sind von der Regelung ausgenommen; diese sind dann aber nicht automatisch zum Betrieb in der gesamten EU zugelassen. Für eine EU-weite Aktivität müssen sie sich erst Solvency II freiwillig unterwerfen und ihre Zulassung danach beantragen.



Wie wirkt sich Solvency II auf die Vergabe von Mezzaninkapital von institutionellen Investoren aus?

Was sich auf den ersten Blick nicht gleich erschließt, sind die Auswirkungen von Solvency II auf Mezzanin-Finanzierungen. Hintergrund sind einerseits das nun beschränkte Anlageuniversum und andererseits die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank EZB, die Versicherer zu renditeträchtigeren Investitionen treibt.

Sie sind auch darum so beliebt, weil dafür teilweise nur drei Prozent Eigenkapital ausgewiesen werden müssen. Zum Vergleich: Für Spezial-AIF sind je nach Strukturierung zwischen 20 und 49 Prozent Eigenkapital nötig; für Aktien-Anlagen sind es ebenfalls 49 Prozent. Direktinvestments verlangen sogar 60 Prozent Unterfütterung mit Eigenkapital. 

Die Folge dieser erzwungenen Portfolioanpassung ist ein verstärkter Ansturm der Versicherer in Immobilien- und andere Sachwerte-Finanzierungen als Investment-Opportunität. 



Wieso wird der Markt für Mezzaninfinanzierungen größer?

Das Wachstum dieses Marktes begründet sich in strikter werdenden Bankenregulierung, bedingt durch Basel III, das das harte Kernkapital ins Verhältnis zu den Risikoaktiva setzt. Die Folge: neben Banken benötigt es aufgrund der hohen Eigenkapitalanforderungen weitere Finanzpartner. Außerdem hat sich die Zahl der Anbieter deutlich erhöht und steigt vor diesem Hintergrund weiter an. Damit wird die Lücke zu angelsächsischen Ländern, wo der Markt für Mezzanin-Finanzierungen schon deutlich länger etabliert ist, kleiner.

Bei den Kreditbanken geht der Loan to Value, kurz LTV, besonders bei Betreiberimmobilien, zurück. Das liegt an den steigenden Liquiditätskosten der Kreditinstitute. Dadurch verändert sich der gewerbliche Immobilienfinanzierungsmarkt, wo Versicherer dort einsteigen, wo Banken aussteigen. Gesucht sind vor allem Büro, Einzelhandel und Wohnimmobilien. Die Entwicklung ähnelt jener Ende der achtziger Jahre. Aber auch danach, nämlich vor der Großen Finanzkrise, waren deutsche Versicherer wie die Allianz in großem Stil in Immobilien in den USA eingestiegen.



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Welche Chancen eröffnen sich für institutionelle Investoren?

Sie können sich dort engagieren, wo Banken aus regulatorischen Gründen nicht mehr dürfen und gleichzeitig trotzdem die Bestimmungen nach Solvency II einhalten. Marktgröße und -liquidität sind für ein Engagement ideal geeignet. Immobilienfinanzierungen werden nicht nur an Projektentwickler vergeben. Sie sind nur eine Zielgruppe unter Vielen. Bestands(re)finanzierungen sind ein großes Marktsegment für Investoren und locken mit attraktiven Renditen.

Für institutionelle Investoren wird daher die Direktveranlagung oder die indirekte Mezzaninkapitalveranlagung immer wichtiger. Mezzanindarlehen im Immobilienbereich sind eine zunehmend interessante Option aufgrund der Fixverzinsung, der gut einordenbaren Risikostrukturen und auch, weil sie nicht mit den traditionellen Anleihen- und Aktienmärkten korrelieren.

 



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