Preferred Equity: Kein Allheilmittel – aber ein strategisches Werkzeug in schwierigen Marktphasen
In der aktuellen Marktlage mit strikteren Kreditvergaben, Refinanzierungsbedarf und sinkenden Bewertungen taucht Preferred Equity vermehrt als mögliche Lösung auf. Kein Boom, keine Universallösung – aber ein flexibles Instrument, um Projekte mit Potenzial durch herausfordernde Phasen zu steuern. Die entscheidende Frage lautet: Für wen und in welchen Situationen macht es Sinn?
Was ist Preferred Equity wirklich?
Preferred Equity wird oft unterschiedlich interpretiert – klassisch handelt es sich um Eigenkapital, das priorisiert gegenüber Common Equity behandelt wird. In der Praxis sind die Strukturen jedoch vielfältig:
Class B/X Shares ohne oder mit eingeschränkten Stimmrechten
Gesellschafterverträge oder Side Letters, die eine bevorzugte Rückführung regeln
Oft ohne fixe Tilgung, aber mit definiertem "Preferred Return" (z.B. 8-10% IRR p.a.)
Preferred Equity ist wirtschaftlich zwischen Senior Debt und Common Equity angesiedelt. Für den Investor bedeutet dies: begrenztes Risiko, kalkulierbare Erträge und klare Exit-Punkte. Für den Entwickler: frisches Kapital ohne völligen Kontrollverlust.
Typische Waterfall-Mechaniken & IRR-Strukturen
In den meisten Fällen wird Preferred Equity so strukturiert:
Rückzahlung des eingebrachten Kapitals + Preferred Return (z. B. 9% IRR, kumulativ)
Danach wird ein vereinbartes Upside-Split angewendet (z.B. 70/30 zugunsten der Common Equity Inhaber)
Optional: Catch-up-Klauseln zur weiteren Beteiligung an Überschüssen
LMA-Standards existieren hierfür nur bedingt. Viele Strukturen orientieren sich eher an bewährten Mechaniken aus dem Venture Capital Bereich:
Liquidation Preferences (z.B. 1,XX Multiple)
Anti-Dilution Protection
Convertible Features (Optional, aber zunehmend verbreitet)
Warum der Blick auf Venture Capital Sinn macht
Die Parallele zum Venture Capital Markt liegt nahe, besonders in sogenannten Downround-Szenarien. Dort wird frisches Kapital durch neue Investoren eingebracht, um das Unternehmen oder Projekt zu stabilisieren – oft mit Liquidation Preferences oder zusätzlichen Schutzmechanismen.
Auch in der Immobilienwelt lassen sich diese Ansätze adaptieren, wenn:
Projekte unter Druck geraten sind, aber ein klarer Pfad zur Stabilisierung existiert
Meilensteine wie Baugenehmigung, Vollvermietung oder Anschlussfinanzierung absehbar sind
Banken zwar weitere Fremdfinanzierungen ablehnen, aber Preferred Equity wirtschaftlich akzeptieren
Case Study: Refinanzierung eines Büroprojekts mit Preferred Equity
Die Ausgangslage:
Ein Entwickler steht vor Fertigstellung eines modernen Bürogebäudes in einer deutschen Großstadt:
Bestandssituation: Senior Loan mit 75% LTV
Aktueller Vermietungsstand: 50%, Schlüssel-Mieter fehlen noch
Die Bank fordert eine Reduktion des LTV auf 60% zur Verlängerung der Finanzierung
Bisherige Gesellschafter wollen kein weiteres Kapital bereitstellen
Die Lösung:
Ein institutioneller Investor steigt mit 10 Mio. EUR Preferred Equity ein:
Beteiligung in Form von Class B Shares ohne Stimmrechte
Feste Verzinsung: 9% IRR p.a., kumulativ
Rückzahlung vorrangig vor Common Equity
Nach Rückführung des Kapitals: 20% Gewinnbeteiligung (Catch-up Mechanismus)
Exit-orientiert: Verkauf nach Vollvermietung geplant (in ca. 2 Jahren)
Ergebnis:
Die Bank akzeptiert die Struktur, weil sie die Kapitalbasis stärkt, ohne neue Mezzanine-Schulden zu generieren. Der Entwickler wahrt die Kontrolle. Der Investor erhält einen klar priorisierten Return mit kalkulierbarem Risiko – basierend auf der Werthaltigkeit des Projekts.
Für wen ist Preferred Equity geeignet?
Preferred Equity macht Sinn, wenn:
Projekte nicht overly distressed sind, sondern eine klare Perspektive haben
Kapital benötigt wird, um definierte Meilensteine zu erreichen
klassische Kapitalquellen (Fremd- oder Eigenkapital) aufgrund Marktbedingungen begrenzt verfügbar sind
Investoren ein strukturiertes Chancen-Risiko-Verhältnis suchen
Es ersetzt kein solides Fundament – aber es kann genau das fehlende Bindeglied sein, um ein Projekt stabil über die Ziellinie zu bringen.
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