Preferred Equity: Kein Allheilmittel – aber ein strategisches Werkzeug in schwierigen Marktphasen

In der aktuellen Marktlage mit strikteren Kreditvergaben, Refinanzierungsbedarf und sinkenden Bewertungen taucht Preferred Equity vermehrt als mögliche Lösung auf. Kein Boom, keine Universallösung – aber ein flexibles Instrument, um Projekte mit Potenzial durch herausfordernde Phasen zu steuern. Die entscheidende Frage lautet: Für wen und in welchen Situationen macht es Sinn?

Was ist Preferred Equity wirklich?

Preferred Equity wird oft unterschiedlich interpretiert – klassisch handelt es sich um Eigenkapital, das priorisiert gegenüber Common Equity behandelt wird. In der Praxis sind die Strukturen jedoch vielfältig:

  • Class B/X Shares ohne oder mit eingeschränkten Stimmrechten

  • Gesellschafterverträge oder Side Letters, die eine bevorzugte Rückführung regeln

  • Oft ohne fixe Tilgung, aber mit definiertem "Preferred Return" (z.B. 8-10% IRR p.a.)

Preferred Equity ist wirtschaftlich zwischen Senior Debt und Common Equity angesiedelt. Für den Investor bedeutet dies: begrenztes Risiko, kalkulierbare Erträge und klare Exit-Punkte. Für den Entwickler: frisches Kapital ohne völligen Kontrollverlust.

Typische Waterfall-Mechaniken & IRR-Strukturen

In den meisten Fällen wird Preferred Equity so strukturiert:

  1. Rückzahlung des eingebrachten Kapitals + Preferred Return (z. B. 9% IRR, kumulativ)

  2. Danach wird ein vereinbartes Upside-Split angewendet (z.B. 70/30 zugunsten der Common Equity Inhaber)

  3. Optional: Catch-up-Klauseln zur weiteren Beteiligung an Überschüssen

LMA-Standards existieren hierfür nur bedingt. Viele Strukturen orientieren sich eher an bewährten Mechaniken aus dem Venture Capital Bereich:

  • Liquidation Preferences (z.B. 1,XX Multiple)

  • Anti-Dilution Protection

  • Convertible Features (Optional, aber zunehmend verbreitet)

Warum der Blick auf Venture Capital Sinn macht

Die Parallele zum Venture Capital Markt liegt nahe, besonders in sogenannten Downround-Szenarien. Dort wird frisches Kapital durch neue Investoren eingebracht, um das Unternehmen oder Projekt zu stabilisieren – oft mit Liquidation Preferences oder zusätzlichen Schutzmechanismen.

Auch in der Immobilienwelt lassen sich diese Ansätze adaptieren, wenn:

  • Projekte unter Druck geraten sind, aber ein klarer Pfad zur Stabilisierung existiert

  • Meilensteine wie Baugenehmigung, Vollvermietung oder Anschlussfinanzierung absehbar sind

  • Banken zwar weitere Fremdfinanzierungen ablehnen, aber Preferred Equity wirtschaftlich akzeptieren

Case Study: Refinanzierung eines Büroprojekts mit Preferred Equity

Die Ausgangslage:

Ein Entwickler steht vor Fertigstellung eines modernen Bürogebäudes in einer deutschen Großstadt:

  • Bestandssituation: Senior Loan mit 75% LTV

  • Aktueller Vermietungsstand: 50%, Schlüssel-Mieter fehlen noch

  • Die Bank fordert eine Reduktion des LTV auf 60% zur Verlängerung der Finanzierung

  • Bisherige Gesellschafter wollen kein weiteres Kapital bereitstellen

Die Lösung:

Ein institutioneller Investor steigt mit 10 Mio. EUR Preferred Equity ein:

  • Beteiligung in Form von Class B Shares ohne Stimmrechte

  • Feste Verzinsung: 9% IRR p.a., kumulativ

  • Rückzahlung vorrangig vor Common Equity

  • Nach Rückführung des Kapitals: 20% Gewinnbeteiligung (Catch-up Mechanismus)

  • Exit-orientiert: Verkauf nach Vollvermietung geplant (in ca. 2 Jahren)

Ergebnis:

Die Bank akzeptiert die Struktur, weil sie die Kapitalbasis stärkt, ohne neue Mezzanine-Schulden zu generieren. Der Entwickler wahrt die Kontrolle. Der Investor erhält einen klar priorisierten Return mit kalkulierbarem Risiko – basierend auf der Werthaltigkeit des Projekts.

Für wen ist Preferred Equity geeignet?

Preferred Equity macht Sinn, wenn:

  • Projekte nicht overly distressed sind, sondern eine klare Perspektive haben

  • Kapital benötigt wird, um definierte Meilensteine zu erreichen

  • klassische Kapitalquellen (Fremd- oder Eigenkapital) aufgrund Marktbedingungen begrenzt verfügbar sind

  • Investoren ein strukturiertes Chancen-Risiko-Verhältnis suchen

Es ersetzt kein solides Fundament – aber es kann genau das fehlende Bindeglied sein, um ein Projekt stabil über die Ziellinie zu bringen.

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