Die Auswirkungen der EU Taxonomie auf die Finanzierung von Neubauten und Bestandsgebäuden
Executive Summary
Am 21.04.2021 wurden die technischen Evaluierungskriterien zur EU Taxonomie-Verordnung veröffentlicht – diese sollen mit 01.01.2022 in Kraft treten
Für den Immobiliensektor werden Anforderungen insbesondere hinsichtlich des Primärenergieverbrauchs und Ziele im Bereich der Kreislaufwirtschaft gestellt
Die Taxonomie-Verordnung hat Auswirkungen auf Immobilienunternehmen, Immobilienfonds, Pensionskassen und Versorgungswerke und indirekt auch auf Investoren, Banken und Immobilienentwickler
Taxonomie-konforme Immobilien werden künftig einfacher finanzierbar sein, sowohl im Mezzanin- und Eigenkapitalbereich, als auch bei Kreditfinanzierungen
Was ist die EU Taxonomie?
Die im Juli 2020 in Kraft getretene EU- Taxonomie-Verordnung soll innerhalb der Europäischen Union ein nachhaltiges Finanzwesen umsetzen.
Die Taxonomie-Verordnung schafft ein einheitliches Klassifikationssystem für nachhaltige Investitionen. Investitionen und wirtschaftliche Aktivitäten müssen gemäß der Verordnung vier Merkmale aufweisen, um als ökologisch nachhaltig eingestuft werden zu können.
Die Umweltziele lauten:
1. Klimaschutz
2. Anpassung an den Klimawandel
3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeres Ressourcen
4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
6. Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosyste
Zur Bewertung dieser Umweltziele wurden am 21.04.2021 die technischen Bewertungskriterien veröffentlicht,
Wen betreffen die Vorgaben:
Finanzmarktteilnehmer, die in der EU Finanzprodukte anbieten, sowie Anbieter betrieblicher Altersvorsorge, andererseits große Unternehmen, die bereits unter der CSR Richtlinie zur Offenlegung verpflichtet sind.
Darunter fallen auch alternative Immobilienfonds, Versicherungen Pensionskassen, aber auch Immobilienunternehmen, die zukünftig grüne Investitionsmodelle anbieten wollen und indirekt auch Banken und Immobilienentwickler
Die Taxonomie Verordnung setzt dabei besondere Anforderungen an den Immobiliensektor, da dieser ca. 36% der Treibhausgasemissionen in der EU ausmacht (siehe dazu - https://ec.europa.eu/info/sites/default/files/business_economy_euro/banking_and_finance/documents/190618-sustainable-finance-teg-report-taxonomy_en.pdf)
Technische Anforderungen im Immobiliensektor
Der Artikel 3 der Taxonomie-Verordnung sieht wirtschaftliche Tätigkeiten als nachhaltig, wenn Sie
a) gemäß den Artikeln 10 bis 16 einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der Umweltziele des Artikels 9 leistet;
b) nicht zu einer in Artikel 17 bestimmten erheblichen Beeinträchtigung eines oder mehrerer der Umweltziele des Artikels 9 führt;
c) unter Einhaltung des in Artikel 18 festgelegten Mindestschutzes ausgeübt wird;
d) technischen Bewertungskriterien, die die Kommission gemäß Artikel 10 Absatz 3, Artikel 11 Absatz 3, Artikel 12 Absatz 2, Artikel 13 Absatz 2, Artikel 14 Absatz 2 und Artikel 15 Absatz 2 festgelegt hat, entspricht.
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=uriserv:OJ.L_.2020.198.01.0013.01.DEU
Welche Anforderungen werden an Taxonomie-konforme Neubauten gestellt?
Der Anhang I stellt auf den Primärenergiebedarf (PED – Primary Energy Demand) des Gebäudes ab. Taxonomie-konforme Neubauten liegen beim Primärenergiebedarf mindestens 10 % unter den nationalen Werten des Niedrigstenergiegebäudestandards.
Für Österreich ist hier die OIB Richtlinie 6 heranzuziehen, die auch in den Bauordnungen verankert ist. Siehe hierzu - https://www.oib.or.at/sites/default/files/oib-ltrs_maerz_2020.pdf
Für Deutschland gilt hier das im November 2020 in Kraft getretene Gebäudeenergiegesetz.
Welche Anforderungen werden an Taxonomie-konforme Bestandsgebäude gestellt?
Bei Sanierungen und Revitalisierungen ist eine Reduktion des PED von mindestens 30% erforderlich.
Für Bestandsgebäude ist das Errichtungsdatum maßgeblich. Wurde das Gebäude vor dem 31.12.2020 errichtet (Fertigstellungsdatum), dann ist das Gebäude Taxonomie-konform, wenn es mindestens den Energieeffizienzanforderungen gemäß Energy Performance Certificate A entspricht oder alternativ zu den 15% der energieeffizientesten Gebäuden des nationalen oder regionalen Gebäudebestandes gehört.
Weitere technische Kriterien
Der Anhang II setzt die technischen Ziele im Bereich der Kreislaufwirtschaft, nachhaltiger Wassernutzung, der Prävention von Verunreinigungen und dem Schutz und der Wiederherstellung der Artenvielfalt und Ökosysteme.
Hier werden diese Ziele einzelfallbezogen nachzuweisen sein, bspw. durch geringeren Bodenverbrauch, Wasseraufbereitungssysteme, recyclebaren Baumaterialien usw.
Auswirkungen auf die Immobilienfinanzierung
Kurzfristig sind noch geringe Auswirkungen zu erwarten bzw. haben die nationalen Regulative bereits einiges vorweggenommen, so dass Neubauentwicklungen bereits den Niedrigstenergiestandards entsprechen sollten.
Mittelfristig wird sich die Immobilienfinanzierung sehr stark verändern, da die Taxonomie-Konformität ein maßgeblicher Faktor für die Verwertung wird, besonders im Bereich der institutionellen Transaktionen.
Die Marktnachfrage nach nicht konformen Gebäuden wird sinken und Fremdfinanzierungen werden deutlich schwieriger werden. Die Verkehrswerte werden sinken oder nicht im selben Ausmaß steigen, Beleihungswerte sinken, da das Risiko für die Fremdfinanzierung höher gewichtet werden wird.
Das heißt im Umkehrschluss, dass die Eigenkapitalanforderungen steigen und das Eigenkapital oder der Eigenkapitalersatz teurer wird.
Ein positiver Ausblick
Schon heute finanzieren wir nachhaltige Objekte zu besseren Konditionen als nicht-nachhaltige Projektentwicklungen bzw. verwerten wir im Bereich der Forward Deals zu geringen Kapitalisierungsraten (Cap Rates). Ein nachhaltiges Objekt ist also bereits heute lukrativer und somit auch für Projektentwickler erstrebenswerter.
Links:
https://ec.europa.eu/finance/docs/law/210421-sustainable-finance-communication_en.pdf